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Stand und Schwierigkeiten bei der EMV-Normung von Systemen zur drahtlosen Energieübertragung

Einordnung von drahtlosen Energieübertragunssystemenen

Die internationale Norm CISPR 11 (oder in der europäischen Variante als EN 55011) ist anwendbar auf industrielle, wissenschaftliche und medizinische Geräte sowie auf sonstige Geräte, die einen ähnlichen Anwendungsbereich besitzen. Sie deckt den Frequenzbereich von 0 Hz bis 400 GHz ab und beinhaltet in ihrem Anwendungsbereich eben auch drahtlose Energieübertragungssysteme, die zum Laden von Elektrofahrzeugen gedacht sind. Bezüglich der Anwendung von Grenzwerten für leitungs- und strahlungsgeführte Störaussendungen benutzt die Norm CISPR 11 ein Klassifizierungsschema, nach dem drahtlose Energieübertragungssysteme als Gruppe 2 Geräte eingestuft sind. Bei diesen Geräten handelt es sich um solche, die im Rahmen ihrer Funktion absichtlich hochfrequente elektromagnetische Felder erzeugen und abstrahlen. Solche Felder werden beispielsweise für die Behandlung von Material (zum Beispiel in Form von induktiver Erwärmung), für Untersuchungs- oder Analysezwecke, oder eben für die Übertragung elektromagnetischer Energie über induktive oder kapazitive Kopplungen benutzt.
Die derzeitige Ausgabe der Norm CISPR 11 enthält bereits Grenzwerte für Störaussendungen von Gruppe 2 Geräten, sowohl für Klasse A Geräte, die für den Einsatz im Industriebereich gedacht sind, als auch für Klasse B Geräte, deren Einsatz für den Wohnbereich beabsichtigt ist. Folgerichtig kann diese Norm bereits für EMV-Messungen von drahtlosen Energieübertragungssystemen herangezogen werden, beispielsweise um die Übereinstimmung mit internationalen oder regionalen Spezifikationen nachzuweisen, unter anderem auch für die CE-Kennzeichnung, sofern das Gerät auf dem EU Markt in Verkehr gebracht werden soll. Nichtsdestotrotz dürfte es auf Grund der physikalischen Parameter der Energieübertragungssysteme und vor allem auf Grund ihrer geplanten Verbreitung in sehr vielen Installationen notwendig sein, die bereits vorhandenen Grenzwerte zu modifizieren, um insbesondere auch die Situation unterhalb von 150 kHz zu berücksichtigen.

Grenzwerte für Systeme zur drahtlosen Energieübertragung

Letztlich sind es drei Aspekte, die zu berücksichtigen sind, wenn die Einführung von Grenzwerten für Ladesysteme von Fahrzeugen diskutiert wird.
(1) Grenzwerte für strahlungsgeführte Störaussendungen im Frequenzbereich unterhalb von 150 kHz,
(2) Störgrößen, die am hochfrequenten Leistungsausgang des Geräts erzeugt werden, das heißt auf der Verkabelung zwischen dem Ausgangsport der Leistungselektronik und der Primärspule
(3) Betrachtung, ob die derzeit in CISPR 11 spezifizierten Grenzwerte für strahlungsgeführte Störaussendungen oberhalb von 150 kHz vollständig geeignet sind, auch im Lichte der geplanten flächendeckenden Einführung von drahtlosen Ladesystemen für Elektrofahrzeuge.
Bis jetzt existieren Grenzwerte im Frequenzbereich unterhalb von 150 kHz, seien sie für leitungsgeführte oder auch strahlungsgeführte Störgrößen, nur in wendigen Fällen und nur für besondere Typen von Geräten, wie beispielsweise Induktionskochherde. Die wesentlichen Gründe dafür sind, dass es einerseits nur wenige Typen von Betriebsmitteln gibt, die hier strahlungsführt signifikante Aussendungen erzeugen, und es andererseits nur wenige Rundfunk- oder Funkdienste gibt, die möglicherweise beeinflusst werden könnten. Jedoch dürfte der oben aufgeführte Aspekt (1) zunehmend an Bedeutung gewinnen, wenn man das hinter der drahtlosen Energieübertragung stehende Geschäftsmodell sich näher anschaut, das auf eine sehr breite Anwendung dieser Ladeform schließen lässt.
Bei der Diskussion zu Grenzwerten im betrachteten Frequenzbereich bis 150 kHz, zumindest zur Betrachtung möglicher beeinflusster Einrichtungen, sollte man sich grundsätzlich anschauen, welche Funkeinrichtungen hier arbeiten. Untersuchungen zeigten, dass es sich hierbei im Wesentlichen um Zeitzeichensender handelt. Also sollten mögliche Grenzwerte auch unter dem Gesichtspunkt abgeleitet werden, dass der Empfang solcher Zeitzeichen (wie beispielsweise in Deutschland das Signal DCF 77) möglichst unbeeinträchtigt bleibt. Eine solche Anforderung, zusammen mit der Tatsache, dass drahtlose Energieübertragungssysteme höherer Leistung relativ starke elektromagnetische Felder bei ihrer Arbeitsfrequenz abstrahlen, führte zu einem Konzept, das sich unter der Bezeichnung „Schornstein“-Konzept zusammenfassen lässt. Der Inhalt dieses Ansatzes besteht darin, dass eine gewisse Grenzwerterleichterung nur in denjenigen Frequenzbändern zulässig ist, in denen die Arbeitsfrequenzen für die induktive Energieübertragung angesiedelt sind, und außerhalb dieser Bänder relativ strenge Grenzwerte einzuhalten sind. Bei diesem Ansatz ist natürlich sicherzustellen, dass die betrachteten Frequenzbänder nicht mit den von den Zeitzeichensendern verwendeten Frequenzen zusammenfallen.
Ein Vorschlag für Grenzwerte für abgestrahlte magnetische Feldstärken im Frequenzbereich von 9 KHz bis 150 kHz ist in Bild 1 graphisch dargestellt [1]. Die gezeigten Grenzwerte gelten für Klasse B Einrichtungen mit einer Nennleistung zwischen 1 kW bis 7,7 kW, und sie gelten für eine Messentfernung von 10 m zwischen Gerät und Messantenne. Für Einrichtungen höherer Leistung (bis zu 22 kW) ist an eine Erleichterung der Grenzwerte um 15 dB in den „Schornsteinfrequenzbändern“ gedacht.

Bild 1 – Derzeit in Diskussion befindliche Grenzwerte für strahlungsgeführte Störaussendungen im Frequenzbereich von 9 kHz bis 150 kHz

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