Sandra Paggen-Breu, Geschäftsführerin der Paggen Werkzeugtechnik GmbH
Die Fertigung elektronischer Prototypen stellt besondere Anforderungen – vor allem dann, wenn sie im eigenen Haus erfolgt. Einer der kritischsten Prozesse dabei ist der Lotpastendruck. Fehler, die hier entstehen, beeinflussen die gesamte Qualität – und das nicht selten unbemerkt. Umso wichtiger ist es, bereits bei der Auswahl des Schablonendrucksystems die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Warum der Schablonendruck entscheidend ist
In der Praxis gehen bis zu 60 % aller Fehler in der SMD-Fertigung auf Probleme beim Lotpastendruck zurück. Unzureichender Pastenauftrag, verschmierte Pads oder verstopfte Öffnungen können zu unzuverlässigen Lötstellen, Kurzschlüssen oder Bauteilfehlern führen. Gerade im Prototyping, wo es häufig um Einzelstücke oder kleine Stückzahlen geht, sind solche Fehler besonders ärgerlich – sie kosten Zeit, verursachen Mehrarbeit und erschweren die Fehlersuche.
Andere Anforderungen als in der Serie
Während es in der Serienfertigung primär um Taktzeit, Durchsatz und Inline-Fähigkeit geht, stehen im Prototypenlabor andere Kriterien im Fokus:
• Schnelle Umrüstbarkeit
• Intuitive Bedienung
• Flexibilität bei wechselnden Layouts
• Geringe Investitionskosten
• Kompakter Aufbau
Zudem wird die Maschine meist nicht durchgängig betrieben – sie muss auch nach längeren Pausen schnell einsatzbereit sein und verlässlich funktionieren.
Welche Varianten gibt es – und für wen sind sie geeignet?
Grundsätzlich lassen sich drei Gruppen von Schablonendrucksystemen unterscheiden:
- Einfache manuelle Drucker
Diese Systeme bestehen aus einer Aufnahmevorrichtung für die Leiterplatte und einer Schablonenhalterung. Die Paste wird per Handrakel aufgetragen, Ausrichtung, Druckkraft und Rakelgeschwindigkeit liegen vollständig in der Verantwortung der Bedienperson.
Vorteile: Geringe Investitionskosten, schneller Einstieg, robust und wartungsarm
Nachteile: Stark abhängig von der Erfahrung der Bedienperson, begrenzte Reproduzierbarkeit
Geeignet für: Sehr kleine Stückzahlen, einfache Layouts, erste Erfahrungen mit SMD-Prototyping
- Manuelle Drucker mit Rakelführung und Feineinstellung
Diese bieten durch die Führung bereits einen vordefinierten Rakelwinkel sowie Rakeldruck, sowie Möglichkeiten zur Feinjustierung der Leiterplatte relativ zur Schablone.
Nur noch die Rakelgeschwindigkeit ist vom Bediener abhängig.
Vorteile: Höhere Druckqualität und Wiederholgenauigkeit, bessere Ergonomie
Nachteile: Etwas höhere Investitionskosten und etwas mehr Platzbedarf
Geeignet für: Entwicklungslabore, die regelmäßig mit SMD arbeiten und stabile Ergebnisse benötigen sowie für Prototypen mit sehr kleinen Pitchabständen.
- Halbautomatische Systeme mit Kameraausrichtung
Diese Systeme übernehmen die präzise Ausrichtung von Leiterplatte und Schablone über ein Kamerasystem, manuell oder auch automatisiert. Der Druckvorgang erfolgt motorisch gesteuert mit einstellbarer Geschwindigkeit und definierter Rakelkraft.
Vorteile: Sehr gute Wiederholgenauigkeit, ideal bei komplexen oder feinen Layouts
Nachteile: Höhere Kosten, größerer Platzbedarf, gegebenenfalls ist eine Schulung nötig.
Geeignet für: Ambitionierte Entwicklungsabteilungen, kleine Serien, präzisionskritische Baugruppen
Praxis-Tipp: lieber zu einfach starten als zu komplex scheitern
In der Beratung erleben wir regelmäßig, dass Labore sich mit zu anspruchsvoller Technik überfordern – nicht selten steht dann ein hochwertiges Gerät ungenutzt in der Ecke. Besser ist es, mit einem einfachen, aber funktionalen System zu starten, das schnell erste Erfolge ermöglicht – und später modular erweiterbar ist.

Schablone, Paste und Reinigungsmittel – das unterschätzte Zusammenspiel
Auch das beste Drucksystem bringt wenig, wenn das Umfeld nicht stimmt. Die Wahl der passenden Schablone (Material, Dicke, Oberflächenbeschaffenheit), einer geeigneten Paste (Viskosität, Haltbarkeit) und eines wirksamen Reinigungsmittels ist essenziell für den Druckerfolg.
Viele Probleme entstehen durch verstopfte Öffnungen, ungleichmäßigen Auftrag oder Rückstände, die sich durch falsche Reinigung verstärken. Gerade im Prototyping, wo oft wenig Routine besteht, sollten diese Punkte nicht unterschätzt werden.
Fazit: Klarheit über den eigenen Bedarf ist entscheidend
Wer die Schablonendrucktechnik im Prototypenlabor etablieren will, sollte nicht nur auf technische Datenblätter schauen, sondern sich ehrlich fragen:
• Wie oft wird gedruckt?
• Wie komplex sind die Layouts?
• Wer bedient das Gerät?
• Wie viel Raum steht zur Verfügung?
• Wie hoch ist das Budget?
Mit diesen Antworten lässt sich das passende System identifizieren – und der erste Schritt hin zu einer zuverlässigeren, schnelleren Prototypenfertigung machen.
Über die Autorin:

Sandra Paggen-Breu ist Geschäftsführerin der Paggen Werkzeugtechnik GmbH, einem spezialisierten Vertriebsbüro für Maschinen in der Elektronikfertigung. Seit mehr als 10 Jahren begleitet sie Projekte rund um Prototyping, Laborautomatisierung und Fertigungsoptimierung – mit einem besonderen Fokus auf kleine und mittlere Unternehmen.