Karl-Uwe Siegler, freier Journalist
In der Elektronikproduktion gibt es ein breites Angebot von Testverfahren um Qualität und Funktion von elektronischen Baugruppen zu sichern beziehungsweise Fehler zu erkennen, um eine optimale Ausbeute (Yield) zu erzielen. Das einzigartige Testverfahren das alle Fehler findet, die auf einer Baugruppe auftreten können, gibt es nicht. Deshalb werden heute die verschiedensten Prüfungen und Tests, Testkombinationen und Teststrategien eingesetzt. Denn keine Baugruppe ist gleich. Doppelprüfungen oder überflüssige und damit teure und zeitraubende Tests sind zu vermeiden Vorteilhaft ist es, wenn Überlegungen bereits im Prototypenstatus eingesetzt werden – idealer Weise gehören dann auch Entwicklung, Schaltplan, Layout, VDHL und Mechanik dazu. Einige der gängigsten optischen und elektrischen Prüfungsmöglichkeiten werden hier kurz angeführt.
In-Circuit-Test ICT
Der ICT testet einzelne Bauteile und Netze separat. Da die Gesamtfunktion der Baugruppe nicht beachtet wird, können Fehler an einzelnen Bauteilen oder Netzen schnell festgestellt werden. Weiter ist beim ICT vorteilhaft, dass dem Prüfer nicht die vollständige Funktion der BG bekannt sein muss, da nur ganz spezifische Netze und Bauteile überprüft werden- gleichermaßen sind analoge und auch digitale Baugruppen prüfbar. Da die Testbaugruppen ohne Spannung sind, gibt es beim Fehlerfall keine Schädigung der Prüflinge. Ein weiter Vorteil des ICT liegt in der Erzielung hoher Testtiefen bei Netzen und Bauteilen.
Flying Probe Test FPT
Mit einer Knotenimpedanz-Analyse werden charakteristische Kennlinien in Netzen, die Signaturen zur Prüfung der Baugruppen genutzt und dazu mit verschiedenen Spannungen und Frequenzen angeregt. Für die Bestimmung der Netze und Testpunkte sind die CAD-Daten einzulesen und als Ergebnis werden typische Fertigungs- und Bauteilfehler erkannt. Als spezifische Eigenarten/Vorteile sind zu sehen: die einfache und schnelle Programmierung, Verzicht auf Testadapter und eine Unabhängigkeit von SMT oder THT Technologien. Ist eine 100prozentige Prüfabdeckung gefordert, ist entweder mit einem hohen Zeitaufwand zu rechnen oder zur Verkürzung sind weitere Testverfahren einzusetzen.

Boundary Scan BST
Der Boundary Scan Test orientiert sich an den Ein- und Ausgängen der Speicherzellen. Er ist ein digitales Verfahren, mit Möglichkeiten für analoge Systeme. Es wird ohne physikalische Kontaktierung der Netze getestet. Die Testzeitlänge ist abhängig von der jeweiligen Taktfrequenz, wobei alle Boundary Scan-fähigen Bausteine problemlos getestet werden – außer wenn auch nicht Boundary-Scan-fähige Chips vorhanden sind.
Funktionsprüfung FCT
Die Funktionsprüfung ist ein realistischer Test, der die spätere Nutzung prüft. Die Baugruppe wird unter zusätzlichen Einflüssen wie Temperatur, Klima, Vibration und EMV-Störung getestet Zur Durchführung muss die Baugruppe funktionieren und beim Techniker sollten bestimmte Verständnisse über eine Schaltung vorhanden sein, denn Fehler lassen sich nicht immer klar lokalisieren.

Lotpasteninspektion SPI
In der SMT-Fertigung liegen etwa 50 Prozent der Fehler beim Lotpastendruck – trotz bester Vorbedingungen durch hoch qualiltative SMD-Druckschablonen. Solder Paste Inspection: SPI Modulen zwischen dem Lotpastendrucker und den Bestückmodulen kommt deshalb eine überragende Bedeutung zu. Zu den wesentlichen Prüfparametern gehören die Bedeckung der Padoberfläche, das Volumen des Drucks, die Brückenbildung, Verschmierung des Drucks sowie offset-Fehler. Eine optimierte Qualitätssicherung durch 3D-Inspektion auch die Beurteilung des Pastenvolumens. Diese volumetrische Analyse ist besonders bei den modernsten kleinen Bauteilen.

Automatische Optische Inspektion AOI

Bei der automatischen, optischen Inspektion werden Baugruppen mittels vektorbasierten Prüfalgorithmen mit Kameras auf eine Vielzahl von Fehlern geprüft wie Anwesenheit, Platzierung, Orientierung, Richtigkeit und auch die Lötqualität im Rahmen einer Lötmengenbewertung überprüft – sofern sie optisch erkennbar sind. AOI-System arbeiten Stand-alone aber in der Regel auch taktgleich in der Linie. Die Erstellung des Prüfprogramms ist für Minilose zu zeitaufwendig. Für eine höhere Prüfungssicherheit werden Inspektionsmodule mit 2D- und 3D-Profilierung angeboten.
Automatische Röntgen-Inspektion AXI
Die Hauptaufgabe bei der Automated X-Ray Inspection ist die Detektion von nicht sichtbaren Lötfehlern, aber auch von Lufteinschlüssen, vagabundierenden Lotkugeln und von Kurzschlüssen. Das gilt besonders bei der Inspektion von Bauteilen wie BGA mit Versatz, Lotbrücken, Lötstellendurchmesser, Anbindung der Balls „Head in Pillow“ oder Voids , ähnliche auch bei QFN, DFN; QFP oder LGA – und auch bei THT sind Lötstellen prüfbar.
Ausblick
Für jedes qualitätsorientiertes Unternehmen in der Elektronikproduktion ist es entscheidend welches Testverfahren ausgewählt und mit welcher Teststrategie geprüft wird, um eine ausreichende, wirtschaftliche und reproduzierbare, dokumentierbare Prüfabdeckung zu erzielen – und das gilt insbesondere für EMS-Dienstleister und KMU-Elektronikhersteller.